Angela Pfotenhauer und Elmar Lixenfeld
Meine Via Regia und meine auch
Fußreise von Frankfurt am Main nach Görlitz
Monumente, 264 Seiten, 14,5 x 23 cm, 145 Abbildungen
600 Kilometer zu Fuß! Angela Pfotenhauer und Elmar Lixenfeld nehmen Sie mit auf den alten Kulturweg von Frankfurt am Main bis nach Görlitz: In 30 Tagesetappen erfahren Sie hautnah von Begegnungen mit Landschaften, wunderbaren Kulturdenkmalen und mit deutsch-deutscher Geschichte.
Kleine Leseprobe:
Kaum sieben Kilometer sind es bis Merseburg, lese ich auf dem Ortsschild. Doch genau diese sieben Kilometer, keine zwei Stunden, hätte ich gestern Abend um keinen Preis mehr zu Fuß geschafft. Noch Monate nach dem Aufenthalt bei Polyacryl erinnere ich mich intensiv an jedes Detail. Lothar, den belesenen wie beschlagenen Kampfsportler mit sendereifem Witz und mitreißender Euphorie würde ich unter tausend Leuten schon von Weitem wiedererkennen.
Wir folgen der Straße vorbei an sanierten, farbigen Siedlungshäusern und frisch angelegten Grünzonen. Man ahnt, wie trist es in der Bergmannssiedlung ausgesehen haben mag, bevor die Mietszeilen in Dämmplatten gepackt wurden. (...)
Was für ein Kontrast zur Altstadt von Merseburg. Um das Schloss und den Dom gruppieren sich stattliche Kuriengebäude, die an das Naumburger Ensemble erinnern und gleichermaßen feinsinnig, kenntnisreich und dezent saniert sind. Der Merseburger Dom mit seiner spektakulären mittelalterlichen Ausstattung und den textilen Handarbeiten, Handschriften, Skulpturen und Bildern im Dommuseum zählt zu den wertvollen Kulturdenkmalen des Mittelalters.
(…) Gegen Abend erreichen wir die kleine Rittergutskirche in Kleinliebenau. Am Dorfeingang kommt uns eine junge Frau mit Rucksack entgegen. Sie sucht genauso wie wir die Adresse, bei der man sich den Schlüssel zur Kirche abholt. Franziska kommt aus Mannheim, ist Studentin, und ist heute früh in Leipzig aufgebrochen. Es ist das erste Mal, dass sie pilgert, und wir sind die ersten, die sie in der Fremde kennenlernt.
Ob wir Hunger haben, fragt die Schlüsselbringerin, während wir uns zwischen eng zusammenstehenden Emporen von der Wirkung des Kirchenraums verzaubern lassen. Haben wir zwar, aber wir wissen, dass es in Kleinliebenau nichts gibt. Kurzerhand verschwindet sie hinter dem barocken Kanzelaltar und taucht mit mehreren Suppendosen wieder auf. Ein Wunder!